Meine Faszination für den Jugendstil begann, als ich mich für die Architektur in meiner Geburtsstadt St. Gallen interessierte. Schon früh befasste ich mich mit den Formen und Symbolen des Jugendstils. Einen grossen Einfluss hatte diese Epoche auf meine Materialwahl, indem ich Stickerei als zusätzliches Element für meine Bilder verwendete. Auch die Grafiken der Plakatkünstler, wie zum Beispiel Alfons Mucha, beeinflussten mein Schaffen.
Mein Streben war es, ein Werk in zeitgenössischer Umsetzung des Jugendstils zu schaffen und Elemente aus zwei Epochen miteinander zu verbinden.
Während ich die ersten Skizzen erschuf, bekam ich die Anfrage von Bekannten, die Küche ihrer Wohngemeinschaft neu zu gestalten. Von meiner Idee, in ihrer Küche ein Bild im Jugendstil zu malen, waren sie begeistert. Da sich die Liegenschaft in der Altstadt von St.Gallen befand, informierte ich mich über die Geschichte des Hauses und seiner Umgebung. Als Vorlage diente mir schlussendlich das Nachbarhaus „Oceanic“, das zu den ältesten Jugendstilgebäuden der Stadt St. Gallen zählt.
Im Zentrum steht die Schicksalsgöttin Moira aus der griechischen Mythologie. Wie im Jugendstil, nahm auch ich die Frau als Hauptmotiv für mein Werk und benutzte dazu liebliche Farben und formvollendete Dekors. Ein unverzichtbares und hervorstechendes Element sind die prachtvollen Haare der Frau. Die Formen der schlangenähnlichen Haarpracht findet man auch im zeitgenössischen Graffitibuchstaben im Hintergrund.
Als einzige Bedingung musste ich einen Platz für die Kaffeemaschine finden. Ich integrierte die Plattform für die Kaffeemaschine so in das Bild, dass die Frau die Maschine in der Hand hält. Weil die Natur als Inspiration für den Jugendstil dient, nahm ich die Kaffeepflanze als Symbol für die Natur auf und malte sie links neben der Frau.
Einzelne Flächen im Bild wurden mit Stickereistoffen bedeckt, um die Wichtigkeit der Stickereiindustrie für die Stadt darzustellen. Abgerundet wurde das Werk mit einer Jugendstilschrift und einem Kleid, das sich über die Küche bis in den Aussenbereich der Wohnung erstreckt.
Begleitet wurde ich bei diesem Projekt von Stefan Schöbi, einem Künstlerkollegen, der den ganzen Prozess mit der Filmkamera verfolgt hat. Das Wandbild wurde durch eine eintägige Ausstellung eingeweiht, bei der auch das Video über die Entstehung präsentiert wurde. Zusätzlich stellte ich in der ganzen Wohnung und im Treppenhaus im Rahmen der Ausstellung „Kitchen Gallery“ insgesamt 18 eigene Werke aus. Diese Ausstellung fand in der breiten Öffentlichkeit riesigen Zuspruch.
Photos: Bakehouse Delivery
2011 | Kitchen Gallery | St. Gallen | St. Leonhard-Strasse 12